Pilotprojekt ASTRA: Mastic Asphalt (MA) auf offener Strecke, N3 Eiken – Frick, 4. bis 6. September 2020
ASTRA Projekt: MA auf offener Strecke – eingebaut auf der N3 Eiken – Frick im September 2020

Lärmmindernder Gussasphalt

Gussasphalt bietet verschiedene Vorteile und dadurch auch neue Verwendungsmöglichkeiten. Dank der schallreduzierenden Eigenschaften von speziellem Abstreusplitt werden Lärmemissionen des Strassenverkehrs reduziert. Kombiniert man besonders helle Natursteinsorten im Abstreusplitt mit transparenten Bindemitteln, kann im Sommer die Oberflächentemperatur des Gussasphalts reduziert werden, was sich positiv auf seine Verformungsbeständigkeit auswirkt. Zudem können in Tunneln die Beleuchtungskosten dank der hellen Oberfläche reduziert werden.

Interview mit Fabian Traber, Fachspezialist Trasseeaufbau/Oberbau bei ASTRA, über die Vorteile und Anwendungen von Gussasphalt

Fabian Traber: Bedingt durch das Mastix-Konzept hat der Gussasphalt, im Gegensatz zum Walzasphalt, keine Hohlräume, die eine Schall- absorption ermöglichen. Die entstehenden Lärmemissionen müssen zwingend durch die Fahrbahnoberfläche reduziert werden können. Einer der massgebenden Punkte für die Lärmreduktion ist die Plattig- keitskennzahl des Abstreusplitts. Lärmmindernde Abstreusplitte aus Naturstein sind gesondert herzustellen mithilfe von Rotor-Prallmühlen. Die Abstreusplitte dürfen nicht, wie üblich, aus einem Splittgemisch abgesiebt werden. Sie stellen einen Spezialsplitt dar, ausserhalb der üblichen Gesteinskörnungen. Die Plattigkeitskennzahl sollte bei <5 liegen, um gute Ergebnisse zu erhalten.

Fabian Traber: Beim Walzasphalt stehen uns zwei Möglichkeiten zur Schallabsorption zur Verfügung – die von der Oberfläche zugänglichen Hohlräume in der Asphaltschicht und die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche. Grundsätzlich gilt: Je mehr von der Oberfläche zugängliche Hohlräume ein Walzasphalt aufweist, desto höher fällt die Schallabsorption aus. Leider wird das Bitumen in einem hohlraumreichen Asphalt grossflächig der Witterung ausgesetzt. Die Lebensdauer wird dadurch gegenüber einem dichteren Walzasphalt reduziert. Das Bitumen versprödet. Je grösser der Hohlraumgehalt ist, desto poröser sieht die Oberfläche aus. Beim Gussasphalt steht uns nur eine Modifikation der Oberflächenstruktur zur Verfügung. Im Gegensatz zum Walzasphalt, bei dem die Poren verschmutzen und dadurch die Lärmabsorption kontinuierlich abnimmt, bleibt uns diese beim Gussasphalt länger erhalten. Die geschlossene, wasserdichte Oberfläche wird während des Einbaus mit einem heissen, vorumhüllten Splitt abgestreut.

Fabian Traber: Wir müssen zwischen der akustischen und der zu- standstechnischen Lebensdauer unterscheiden. Bei einem lärm- mindernden Walzasphalt, wie z. B. dem SDA 8 -12, gehen wir von 12 bis 15 Jahren aus. Danach ist dieser zu ersetzen. Der Gussasphalt hat in Bezug auf einen SDA 8 – 12 eine 2- bis 3-fache zustandstechnische Lebensdauer. Ob uns die akustische Lebensdauer solange erhalten bleibt, wissen wir heute noch nicht. Gussasphalt ist anfälliger auf Verformungen bei stehenden Lasten.

Fabian Traber: Die Installation eines Gussasphaltfertigers ist etwas zeitaufwendiger als die eines Walzasphaltfertigers. Dafür entfallen die Transporte und die Installationen für die Verdichtungsgeräte. Der Personalbedarf beim Einbau ist in etwa gleich hoch. Das Verlegen und Entfernen der Schienen benötigt aber einiges an Zeit. Dafür erhalten wir eine, bezogen auf die Ebenheit, perfekte Oberfläche. In der Schweiz ist die Branche daran, uns alternative Lösungen mittels 3-D-gesteuerten Raupenfertigern anbieten zu können. Dies könnte in Kombination mit der lärmarmen Gussasphaltoberfläche den Einstieg auf das Trassee auf unseren Nationalstrassen bedeuten.

Fabian Traber: Ganz nach dem Motto «Black is beautiful» haben wir tolle Produkte, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Als Bauherr ist man dadurch in einer sehr komfortablen Lage, ein Produkt nach seinen Bedürfnissen auswählen zu können.

Fabian Traber: «Black» war auch im übertragenen Sinne gemeint. Es ist z. B. möglich, als Abstreusplitt besonders helle Natursteinsorten zu nutzen. Diese werden vorgängig mit einem transparenten Binde- mittel vorumhüllt und danach abgestreut. Durch die helle Oberfläche wird die Temperatur des Asphalts gegenüber einer herkömmlichen, dunklen Oberfläche um 8 bis 15 °C abgesenkt. Auf dem Trassee und den Kunstbauten erhalten wir dadurch eine höhere Standfestigkeit gegenüber Verformungen, und in Tunneln können die Installationen für die Beleuchtungen um bis zu 30 Prozent reduziert werden. Ein angenehmer Nebeneffekt ist eine deutlich reduzierte Aufheizung der Umgebung im Sommer durch die höhere Reflexion von Licht und Wärme. Ob ein grossflächiger Einsatz von Gussasphalt im innerstädtischen Bereich praktikabel ist, bezweifle ich aber.◙

Fabian Traber

Fabian Traber

Dipl.-Baumeister und Fachspezialist beim Bundesamt für Strassen ASTRA.

Fabian Traber (44) ist Dipl.-Baumeister und Fachspezialist Trasseeaufbau/-oberbau beim Bundesamt für Strassen ASTRA.

Infokasten

Bundesamt für Umwelt (www.bafu.admin.ch)

Beim Gussasphalt spricht man vom Mastix- und bei einem Standard-Walzasphalt vom Packungskonzept. Das Tragelement beim Gussasphalt ist der Mörtel (Füller, Feinsand, Bitumen), der Grobsand und der Splitt dienen als Füllstoff.

Beim Standard-Walzasphalt ist es genau umgekehrt. Der Mörtel lässt sich heute sehr gut modifizieren. Dessen Plastizitätsspanne konnte in den letzten Jahren stetig vergrössert werden. Dadurch erhalten wir einen sehr standfesten Gussasphalt auch bei hohen Temperaturen.