Rückblick Fachtagung 2023 in Bern

Am 2. und 3. Februar 2023 fand im Kursaal in Bern die Fachtagung von asphaltsuisse statt. Die diesjährige Fachtagung war wieder ein voller Erfolg. Ganz besonders, da der Anlass dieses Jahr an zwei Tagen stattfand. Am Donnerstag, den 2. Februar für Mitglieder und assoziierte Mitglieder und am Freitag, den 3. Februar zusätzlich für öffentlich Interessierte. Moderiert wurde die Tagung stellvertretend von Michael Schmidt, dem Sekretär von aphaltsuisse. Da der Präsident Bernhard Kunz kurzfristig verhindert war.

Die 120 Besucher nutzten die Chance zum gegenseitigen Austausch. Die informativen Präsentationen und Vorträge waren Ausgangspunkt für spannende Gespräche und den vielfältigen Gedankenaustausch unter den Besuchern.

Referate 2023

Begrüssung und Überblicksvortrag

Zum Beginn der diesjährigen asphaltsuisse Fachtagung begrüsste Michael Schmid vom asphaltsuisse Verbandssekretariat die anwesenden Gäste. Er sprang dabei für den leider kurzfristig verhinderten Verbandspräsidenten Bernhard Kunz ein. Nach der Begrüssung und einem Überblick über die Tagungsthemen informierte Michael Schmid in einem fokussierten Vortrag gleich über mehrere relevante und aktuelle Themen.
Zunächst gab es einen Überblick über den aktuellen Sachstand beim Thema CO2-Gesetz.

Teuerungen
Anschliessend sprach Michael Schmid über die neuesten Entwicklungen beim Umgang mit Teuerungen. In Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Baumeisterverband konnte asphaltsuisse erreichen, dass bei der Berechnung der Teuerung ab sofort differenzierter nach der Höhe der Einbauleistung bei einem Bauprojekt unterschieden wird, um allfällige Teuerungen, die isoliert die Mischgutproduzenten treffen, fairer abbilden und abfedern zu können.

LRV-Pilotprojekt
Neuigkeiten gab es auch beim LRV-Pilotprojekt zur kontinuierlichen C-Messung auf Mischgutanlagen. Hier gab es eine Verschiebung der Prioritäten, und zwar weg von den C-Emissionen, hin zu dem Punkt «Geruchsbelastung». Nachdem es in der Vergangenheit zu Beschwerden von unmittelbaren Anwohnern von Mischgutwerken wegen einer subjektiv empfundenen Geruchsbelästigung kam, wird das LRV-Pilotprojekt in einer Zielrichtung abgeändert, und zwar hin zu einem Projekt, mit welchem empirische, objektive Daten über die Geruchsemission von Mischwerken erhoben werden sollen. Dabei werden sogenannte elektronische Nasen zunächst unter Laborbedingungen an die von Mischgutwerken ausgehenden Gerüche angelernt und kalibriert, bevor in einem zweiten Schritt im Praxiseinsatz mithilfe dieser Geräte versucht werden soll, einen objektiven Überblick über die Geruchsemissionen von Asphaltmischwerken zu geben.

Zum Schluss wies Michael Schmid die Gäste noch auf die asphaltsuisse Mischmeistertagung am 24.02.2023 und die Mitgliederversammlung am 15.06.2023 hin.

Josef Winkler
Winkler Energy&Logistics Consulting GmbH

Gasversorgung – die Sicht eines langjährigen Branchenkenners

Dieser Vortrag wurde von Josef Winkler von der Winkler Energy & Logistics Consulting GmbH gehalten. Herr Winkler hat praktisch sein ganzes Berufsleben in verschiedenen Funktionen in der Erdgasbranche verbracht und ist heute ein gern konsultierter Fachmann für viele Fragen rund um die Gasversorgung.
In seinem sehr anschaulichen Vortrag gab Herr Winkler zunächst einen grafischen Überblick über die Erdgasinfrastruktur Europas, mit all ihren Stärken und Schwächen. Dann zeigte er die spezifische Situation der Schweiz auf und sprach über die Gefahr von Gasmangellagen und wie man ihnen begegnen kann. Hier ging er auf die entsprechenden Massnahmen ein, wie Erdgas im Fall einer Mangellage weiterhin genutzt, aber auch, wie es kontingentiert und die Nutzung eingeschränkt werden kann.
Am Schluss seines Vortrags sprach Herr Winkler über ein Thema, welches für wirklich jeden Gast – sowohl beruflich wie auch privat – relevant und ein echter Mehrwert war: Er gab wertvolle Tipps für den Einkauf von Gas und die allgemeine Gasbeschaffung. Seine Ratschläge zu diesem Punkt werden den Zuhörern künftig viel Geld sparen und sie vor teuren Fehlern bewahren.

Lukas Küng
Geschäftsführer Primeo Netz AG

Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen

Im letzten Vortrag des Tages sprach Herr Lukas Küng, Leiter der Kommission OSTRAL und Geschäftsführer der Primeo Netz AG, zu unseren Tagungsgästen.
OSTRAL ist die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen. Herr Küng zeigte zunächst auf, was eine Strommangellage ist und wer eigentlich für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit zuständig ist. Dazu skizzierte er den Anstieg der Strompreise und benannte wichtige Auslöser dieser Entwicklung. Nach einem «Ausflug» in die politischen Zuständigkeiten für die Stromversorgung, für deren Sicherheit und für allfällige Einschränkungen im Falle einer Mangellage sprach Herr Küng über die Massnahmen, die heute vorgesehen sind, um eine Mangellage zu überstehen – und er gab einen Ausblick auf die Massnahmen der Zukunft, die Mangellagen künftig von vornherein gar nicht erst entstehen lassen sollen.

Marcel Pilger
CTO Q Point Group

Q Point

Tag 2 der Fachtagung von asphaltsuisse stand ganz im Zeichen von Technologie und Natur – zwei gegensätzlichen Themen, die den Tag spannend werden liessen.
Zu Beginn informierte Marcel Pilger von Q Point über die Möglichkeiten und Chancen, welche sich dem Asphaltbau durch Digitalisierungsmassnahmen bieten. Dazu stellte er die von Q Point entwickelte, herstelleroffene Plattform vor. Mit deren verschiedenen Modulen, sowohl für Mischgutproduzenten als auch für Bauunternehmungen, lassen sich viele Prozesse im Asphaltbau digital planen, steuern und überwachen. Speziell die Punkte Digitalisierung der Bestell- und Lieferprozesse sowie das Produktions- und Rohstoffmanagement waren für die anwesenden Mischgutproduzenten von grösstem Interesse. Ebenso spannend waren die Lösungen von Q Point für die Planung, Steuerung und Qualitätsüberwachung des Einbaus. Dabei zog Herr Pilger anschauliche Vergleiche zur Landwirtschaft heran, die ganz ähnliche Herausforderungen zunehmend digital meistert. Am Ende wurde klar, dass die Digitalisierung im Asphaltbau kein Selbstläufer ist. Sie muss aktiv vorangetrieben und zur Chefsache gemacht werden, will sie Erfolg haben. Sie bedeutet anfänglich viel Arbeit und Umstellung, bietet aber ein enormes Potenzial zur effizienten und nachhaltigen Lösung verschiedener Herausforderungen im Asphaltbau.

Marcel Albisser
WALO Bertschinger AG

Erfahrungen der ARGE KIKRI mit Q Point

Während Marcel Pilger in seinem Vortrag die Möglichkeiten der Digitalisierung mit Q Point aus Sicht des Anbieters der Plattform darlegte, referierte Herr Marcel Albisser, WALO Bertschinger, über die praktischen Erfahrungen der ARGE KIKRI mit den Tools von Q Point. Im Rahmen dieses Bauprojektes wurde auf der A 1 zwischen Kriegstetten und Kirchberg auf einer Länge von 8 Kilometern der Belag erneuert. Dies bedeutete, dass nach dem Abfräsen des alten Belags und der Absenkung des Kieskoffers auf einer Fläche von ca. 100 000 Quadratmetern ungefähr 65 000 Tonnen Asphalt verschiedener Arten und Sorten eingebaut werden mussten. Die ARGE KIKRI entschied sich für eine umfassende Nutzung von Q Point: von der Steuerung der Mischgutproduktion über die Planung und Überwachung der Transporte des Mischguts zum Einbauort bis hin zur Steuerung und (Qualitäts-)Überwachung bei Einbau und Verdichtung mit Ergebnisauswertung zur Qualitätssicherung – alles sollte weitgehend papierlos und digital umgesetzt werden. Gemäss den Ausführungen von Marcel Albisser bedeutete das besonders im ersten Jahr eine erhebliche Umstellung von alten, mit der Zeit gewachsenen Prozessen – und somit Mehrarbeit. Im weiteren Verlauf des Projektes zeigte sich jedoch, dass die Nutzung von Q Point sich auf praktisch alle Prozesse und Arbeiten der ARGE KIKRI derart effizienzsteigernd und friktionsmindernd auswirkte, dass das Fazit von Herrn Albisser nach mehreren Jahren der Nutzung von Q Point lautet: Nie wieder ohne! Die Digitalisierung macht am Anfang Arbeit und Mühe und muss gewollt sein – doch all dies zahlt sich nach ihrer Implementierung aus und eröffnet der Branche neue Möglichkeiten.

Dr. Martins Zaumanis
Leiter HighRap-Projekt

Das HighRAP-Projekt der Empa

Die Empa ist das Spitzenforschungsinstitut für Material und Technologie der ETH. Unter Leitung von Dr. Martins Zaumanis wurde dort das HighRAP-Projekt durchgeführt. Ziel dieses Projektes war es, mittels empirisch gewonnener Daten belastbare Empfehlungen zu erarbeiten, wie es möglich ist, den durchschnittlichen Gehalt an Ausbauasphalt im Mischgut zu erhöhen, ohne Kompromisse bei der Leistungsfähigkeit des Asphalts eingehen zu müssen. Dabei wurde die Empa von kompetenten Partnern, wie der Ammann Group, der BHZ oder der Catram unterstützt. Für die Datenerhebung wurden erstmals ganz verschiedene Prozesse hinsichtlich ihrer späteren Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit des Asphalts hin untersucht. Dazu gehörten z. B. Untersuchungen und praktische Versuche im Bereich des Fräsens und Brechens. Auch wurden verschiedene Versuche gemacht, um die Effekte von Verjüngungsmitteln in verschiedenen Dosierungen zu untersuchen. Als Folge des Projektes ergaben sich zudem neue Ansätze für neue Versuche und Testverfahren, um die Qualitätskriterien von Asphalt mit hohem RAP-Gehalt besser und nachhaltiger bestimmen zu können. Um die Datenlage weiter zu verbessern, wurde auf zwei Teststrecken Asphalt mit sehr hohem RAP-Anteil eingebaut, der gemäss den wissenschaftlichen Daten eine hohe Leistungsfähigkeit hätte zeigen müssen. Und tatsächlich ergaben Untersuchungen und durchgeführte Tests im Jahr 2 nach dem Einbau, dass dieses leistungsorientierte Mischgut mit hohem RAP-Anteil keine Nachteile im Vergleich zum Referenzmischgut aufwies. Mit diesem spannenden Vortrag endete der technisch-fachliche Teil der Fachtagung 2023.

Was wir vom Umgang mit Bären lernen können

Im letzten Vortrag der Tagung kam der bekannte Biologe Dr. David Bittner zu Wort. Es ist ja nun schon Tradition bei der jährlichen Fachtagung von asphaltsuisse, die Veranstaltung mit besonderen Inspirationen zu beenden. Dr. David Bittner ist ein bekannter Bärenforscher, der seit fast 2 Jahrzehnten jährlich viel Zeit in der Abgeschiedenheit der Wildnis Alaskas verbringt, um Grizzlybären zu erforschen. Dabei gelangte er zu wertvollen Erkenntnissen, die auch auf unseren Arbeitsalltag übertragbar sind: Überall sind wir von Menschen umgeben, mit denen wir – im Idealfall zum Nutzen aller – erfolgreich interagieren müssen. Das betrifft das private Familienumfeld, aber auch den Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten und Geschäftspartnern. Besonders gute Beziehungen entstehen dabei immer bei gegenseitigem Vertrauen, welches verdient und aufgebaut werden muss. Und als wichtigen Baustein für gegenseitiges Vertrauen identifiziert Dr. Bittner ganz klar die Aspekte «Respekt» und «Verständnis». Schenkt man diesen beiden Punkten die nötige Aufmerksamkeit, kann es gelingen, vertrauensvolle Beziehungen und Verbindungen aufzubauen. Diese Erfahrung, die Dr. Bittner in vielen Jahren des Zusammenlebens mit wilden Bären gemacht hat, lässt sich so auch auf den Businessalltag übertragen. Diese These unterstrich Dr. Bittner in seinem kurzweiligen Vortrag mit eindrucksvollem Bild- und Filmmaterial – ein wahrhaft inspirierender Abschluss der Fachtagung von asphaltsuisse 2023!